Tag 6

Datum: Montag, 29.April 2024
Strecke:  von Gernika nach Bilbao
Distanz: 33,8km  Gesamtstrecke: 159,5km
Gehzeit: 8:10 Uhr bis 18:05 Uhr   ca. 10 Std.
Wetter: bewölkt, dann sonnig                                                                                Allgemein: extrem schlammige Wege, wieder steil hoch und runter, sehr anstrengend und wieder keine Unterkunft gefunden, deshalb weiter bis Bilbao!

Es kommt mal wieder anders, als gedacht....

Kurz nach 8 Uhr verlasse ich das Hotel Akkelarre. Also, auch wenn ich die Atmosphäre der Herbergen etwas vermisse, so ein Hotelzimmer hat auch schon einige Vorteile. Besonders, wenn es einem nicht so gut geht (ich hab immer mehr Probleme mit dem Knie), ist es schon angenehm, alleine zu sein, seine eigene Dusche zu haben. Man kann seine Sachen ausbreiten, wieder neu packen, sortieren. Und man kann auch gut schlafen, ohne andere Schnarcher. Ich hör mich ja zum Glück nicht.😂

Auch, wenn mir das los laufen, jeden Morgen mehr Schmerzen bereitet, mache ich mich auf den Weg. Beim Laufen selbst geht es ganz gut, aber Mal sehen, wie sich das noch entwickelt. Ich habe so den Eindruck, dass mein Rucksack einfach zu schwer ist und mir zu diesen Problemen verhilft.

Nach nicht einmal ca. 300m komme ich nun an doch an dem schon erwähnten " Baum von Gernika" vorbei. Gut, das Gelände ist abgesperrt, aber man kann den Baum auch vom Weg aus sehen. 

Santa Lucia

Eben geht es durch die Stadt. Nach 1 km fülle ich meine leeren Trinkflaschen noch an einem Brunnen auf und nach noch einmal so 600m bin ich an der, leider verschlossenen, Kirche Santa Lucia. Jetzt verlasse ich Gernika endgültig, laufe noch ein kurzes Stück auf befestigtem Untergrund, ehe der Weg dann auf einen steilen Feldweg abzweigt. 


Dort kommt mir ein junger Mann entgegen und warnt mich gleich: Slippery! Rutschig! Ok, na dann Mal schaun. Und wirklich kurz darauf wird der Weg zu einem wahren Schlammbad. Also, solche Wege hab ich noch nie gesehen! Abnormal! Es gilt jetzt auf kürzestem Weg ca 250hm zu erklimmen. Pfützen, Matsch, rutschige Steine, Schlamm, alles dabei. Bin ich froh, dass ich meinen Pilgerstab dabei habe. Das ein oder andere Mal rettet er mich davor, nicht längs hin zu schlagen. Es ist extrem anstrengend. Bleibt man stehen, rutscht man weg. Also, nichts wie weiter. Endlich ist es nicht mehr ganz so steil, aber immer noch sehr matschig. Mir kommt eine Pilgerin entgegen, die ich schon ein paar Mal geshen habe. Ich frage sie, warum sie wieder zurück läuft. Verstanden hab ich, dass sie das hier nicht macht, weil der Weg so beschwerlich ist und sich eine andere Route an der Strasse entlang sucht. Ok, unrecht hat sie ja nicht, aber wieder zurück? Den rutschigen schlammigen Weg wieder runter? Nee, das mach ich nicht. 

Das wird schon wieder besser. Hoffentlich!


Kaum haben wir uns verabschiedet und uns alles Gute gewünscht, lässt der Schlamm nach. Ok, gut ist was anderes, aber jetzt geht es wieder. Hätte sie lieber noch etwas durch gehalten, aber man weiß es ja nie so genau. 

Immer weiter leicht ansteigend kämpfe ich mich weiter. Dann hör ich ein rufen, denke noch was ist denn da los. Laufe um die nächste Kurve, sitzt da ein Pilger am Wegesrand und erledigt sein Geschäft💩. Seine Frau hat ihm wohl zu gerufen, dass da jetzt jemand kommt. Aber wenn es nun Mal raus muß.... Er entschuldigt sich bei mir, aber ich winke ab, wünsch ihm alles Gute und laufe schnell vorbei. So genau will man da ja doch nicht hinschauen.😂

Zum Glück wird der Weg wieder etwas besser, aber der Himmel bewölkt sich immer mehr. Ich treffe noch meinen ostdeutschen Pilgerfreund und wir laufen zusammen ein Stück. Dann fängt es an zu regnen, ok. Und dann zu schütten! Es hilft nichts, Poncho an. Und weiter. Am Horizont sieht man ein Gebäude, schnell dahin. Schon mehrere Pilger haben dort Schutz gesucht. Es ist eine kleine Kirche, die ich aber nirgends gefunden habe. War mir in dem Moment aber auch so was von egal. Hauptsache, unter dem großen überdachten Vorplatz etwas Schutz finden, das Einzige was in dem Moment wichtig war. Nach 20 Minuten tröpfelte es nur noch und ich machte mich dann wieder auf den Weg.

Gut 5,5km hatte ich zu dem Zeitpunkt hinter mich gebracht. Und nun ging es auf guten befestigten Wegen so 1,5km, relativ eben, weiter, ehe man wieder auf Feldwege wechselte. Und dann ging es wieder heftig nach oben. So an die 4km, ehe man den höchsten Punkt von ca. 370hm erreicht hatte.Zum Glück hatte sich das Wetter gebessert und es schien die Sonne.  Dann ging es wieder abwärts, bis Erkino, und weiter runter nach Goikolexea. Dort wollte ich in der Kirche Pause machen, aber leider wieder verschlossen. Aber 100m weiter gab es einen schönen Rastplatz, zwar direkt neben der Strasse, aber egal. Es hielt sogar ein Bus an. Ne Überlegung war es schon wert.. Aber nein, so schlecht ging es mir noch nicht!


Nach 15 Minuten Pause machte ich mich wieder auf den Weg und nun ging es zwar an der Strasse entlang, dafür aber fast eben weiter, bis ins 2 km entfernte Larrabetzu. Dort fand ich endlich eine offene Bar und gönnte mir die erste Clara und eine Tortilla. Nach gut 16km und 5 Stunden Marsch hatte ich mir das auch verdient.

Ich gesellte mich zu Alan und Peter aus Las Vegas. Es wurde eine nette Mittagspause. Gegenüber der Bar war die städtische Herberge, aber natürlich um die Zeit, ca 13:30 Uhr, noch geschlossen. Also brachen wir auf, Richtung Lezama, unserem Tagesziel. Keine 200m war die nächste Herberge. Und plötzlich wollte Alan da bleiben. Und da lernte ich die Amis mal richtig kennen. Kurzes Gespräch unter den Freunden. Und dann spielten sie darum, ob sie hier blieben oder weiter laufen wollten. Typisch Las Vegas eben!😂

Peter gewann und so mußte Alan mit uns weiter laufen. Na, auf die 4 km kam es ja auch nicht an. Man folgte jetzt, leicht ansteigend, der Ausfallstrasse von Larrabetzu. Am Ortsausgang blieben die Zwei schon wieder stehen, schauten sich einen Friedhof genauer an. Da verabschiedete ich mich von ihnen, das dauerte mir alles zu lange. Bis später in der Herberge, rief ich ihnen zu. Bye, Bye!

Mehr oder weniger immer an der Landstrasse entlang muß man den Weg nach Lazema zurück legen. Nicht sehr angenehm, aber mein Knie wurde wenigstens geschont. Dann kam ich endlich in Lazema an. Kurz die Herberge gesucht. Schnell gefunden, aber da war es so ruhig. Keine Pilger, keine Wäsche, seltsam. Ich trat an das Tor. Verschlossen! Ein Zettel hing am Zaun. Klar, auf spanisch. Aber ich las soviel heraus, dass anscheinend geschlossen ist. Aber nur jetzt, oder immer? Zum Glück kam eine junge Frau vorbei und die erklärte mir, dass die Herberge DAUERHAFT geschlossen sei! Oh mann. Und das war die einzige Unterkunft hier im Ort. Gut, an der Strasse gab es glaub noch ein sehr vornehmes Hotel, aber sonst nichts! Was tun?

 Geplant war ja heute, gemütliche 20km, etwas erholen und Beine schonen. Aber nun? Im nächsten Ort Zamudio sah ich auch keine Übernachutngsmöglichkeiten in meinem Führer und beim Online Portal erst recht nichts. Also blieb nichts anderes übrig weiter zu pilgern, bis Bilbao. Nochmals 10km! Aber das Schlimmste daran war, dass vor Bilbao noch ein extremer Anstieg und dann Abstieg lag. Aber was soll man machen...

Eigentlich wollte ich ja hier in Lezama übernachten, morgen früh, ausgeruht, die 10km nach Bilbao anpacken und mir dann Bilbao anschauen. Jetzt war ja alles anders. So buchte ich, mit Glück, ein Hotel für 2 Nächte in Bilbao, um mich dann morgen den ganzen Tag von der heutigen, doch wieder, extrem langen Tour, etwas zu erholen.

Gerade als ich weiter laufen wollte, kamen Alan und Peter zur Herberge. Sie sahen mir wohl meine üble Laune an und als ich ihnen sagte, dass die Herberge geschlossen sei, verstanden sie meinen Gesichtsausdruck. Shit, entfuhr es Peter. Und nun? Ich sagte ihnen, dass ich weiter nach Bilbao gehen würde, da ich da gerade ein Hotel gebucht hätte. Sie waren sich nicht einig, was sie machen sollen. So verabschiedete ich mich von ihnen, da ich ja noch ein gutes Stück vor mir hatte. 

Es war so gegen 14 Uhr (20km) als ich Lezama verlies. Immer an der BI 737 entlang ging es ins ca 2km entfernte Zamudio, wo ich nach 1 Stunde am Ortsausgang nochmals eine Pause machte. Der Planet stach furchtbar heute. Ich war jetzt schon platt. Und bis jetzt war es ja eben gegangen. Das sollte sich bald ändern. 

Am Ortsausgang überquerte man die Autobahn N 637. Dann ging es auf einem Feldweg weiter. Und dann begann eine extreme Steigung. Von ca. 70hm auf 370hm auf gut 3,5km. Zum Glück kam man dann in den Wald, wo wenigstens die Sonne nicht mehr so brannte. Jedoch brannte bei mir so langsam jeder Knochen, jede Sehne, jeder Muskel ab der Hüfte abwärts. Mann, ich war fertig.


Nach 2,5km dachte ich, ich hätte es geschafft, aber das war ein Irtum. Wenigstens gab es da plötzlich im Wald an einer Finka, eine Bank. Ich schmiß meinen Rucksack von mir, setzte mich auf die Bank. Und was stand da mir gegenüber? Ein Getränkeautomat! Hoffentlich spukt der was aus. Geld rein, Taste gedrückt. Und tatsächlich, sogar gekühlte Cola kam da raus! Ich war Happy. Gleich nochmal eine Cola und ein Wasser. Egal, was es kostet! Wie ich da so sitze und mein Cola genieße, kommt ein anderer Pilger, der sich genau so über den Automat freut. Kurzer Small Talk, auch ein Deutscher, viel jünger, als ich. Aber auch er braucht nach diesem Anstieg eine Pause.

Ich laufe dann weiter, aber bald darauf holt mich der andere Pilger ein. Es geht ja immer noch aufwärts. Noch an einem Landgut vorbei, dann verlässt man den Wald, tritt heraus, und ist am Monte Avril angelangt. Auch hier noch alte römische Überreste, die mich aber so was von GAR NICHT interessieren. Von hier geht es dann relativ human abwärts, aber mir tut jeder Schritt weh. So trennen wir uns, da ich dem jüngeren Pilger doch zu langsam bin.

Es geht jetzt ca 1,3km durch eine parkähnliche, schöne Landschaft. In Mitten endlich eine Bank zum ausruhen. Ich kann fast nicht mehr. Ich habe überall Schmerzen. Rucksack weg, Schuhe aus, Trinken, erholen. Aber ich hab ja noch knapp 5km vor mir. Also breche ich bald wieder auf. Nach ein paar hundert Meter komme ich an einem Parkplatz vorbei. Von hier besuchen die Anwohner wohl das Parkgelände. Ist ja auch wirklich schön, aber ich habe heute keinen Sinn mehr für Schönes. Ich will nur noch ankommen!


Nach dem Parkplatz läuft man nochmal einen knappen Kilometer auf Waldwegen, um dann aus dem Wald heraus zu treten und dann liegt Bilbao vor einem. Weit unten! Es geht auf  einer Füssgängerbrücke über die BI 631, und dann steil nach unten. 135hm auf einem Kilometer. Heftig!  Endlich bin ich fast unten angekommen und an einer Bushaltestelle mach ich nochmal Pause. Ich kann einfach nicht mehr. Ich bin platt!
soooo steil

 


Der alte Schornstein

 Auf dem Handy das Hotel gesucht. Ok, noch 1,5km. Das schaff ich auch noch. Muss ja! Das Aufstehen und los laufen, furchtbar. Nur Schmerzen. Wenn ich dann in Gang bin, geht es einigermaßen. Ich überquere die Strasse, bin im wunderschönen Extebarria Park, auf einem ehemaligen Industriegelände mit einem erhaltenen Schornstein und Blick über die Stadt.


 





viele Stufen
Nach kurzem Verlaufen finde ich den richtigen Weg. Super! Viele Stufen abwärts geht´s. Jede Stufe eine Qual. Hört das denn nie auf? Doch, zum Glück. Endlich bin ich ganz unten, überquere den Fluss Nervion, laufe am Flussufer auf einer schönen Promenade weiter. Dann, an der Plaza de la Convivencia, biege ich ab. Es geht Treppen hoch. Ich werd verrückt.
Aber von hier ist es dann nur noch 500m bis zu meinem Hotel Bypillow. Dort werde ich, trotz meines fertigen Allgemeinzustandes sehr freundlich empfangen. Und es gibt einen Aufzug. Die Rezeptionistin begleitet mich zu meinem Zimmer. Und ich bin glücklich, als sie die Türe öffnet. Ein geräumiges Doppelzimmer empfängt mich, und ich lasse mich erschöpft auf das große Bett fallen. Endlich angekommen, nach knappen 34km und 10 Stunden!
Tolles Zimmer im Hotel Bypillow
endlich DUSCHEN!!!

 
Langsam erhole ich mich etwas und mache es mir in dem wirklich tollen Zimmer gemütlich. Eine warme Dusche bringt wieder etwas Leben in meine geschundenen Glieder. Unter der Dusche wasche ich meine verschwitzten Klamotten, die haben es genau so nötig, wie ich. 
 


Dann mache ich mich, obwohl alles weh tut, doch auf den Weg in die Stadt. Ich muß noch einkaufen und zu Essen brauche ich jetzt auch etwas. Nachdem das Hotel nur gut 300m vom Guggenheim Museum entfernt ist, schleppe ich mich da zuerst hin. Und stehe nach ein paar Minuten bei Puppy, dem berühmten Blumenhund von Bilbao. Ach, es ist schon toll. Den Hund hatte ich so oft bei der Planung des Weges gesehen und nun steh ich tatsächlich hier. Für einen kurzen Moment sind da sogar die Schmerzen vergessen. Dann lauf ich die Stufen am Museum hinab und schau mir auch noch Maman, die Spinne,
an. Jetzt wird aber Zeit mir ein Lokal zu suchen. Ich rufe Remy an, da ich wußte, dass die Franzosen heute auch bis Bilbao gelaufen sind. Aber Remy meinte, das würde ich nicht finden, wo sie gerade sind und so mach ich mich alleine auf den Weg zum Essen. Jedoch sagt mir nichts richtig zu. Entweder zu voll, oder zu edel. So kauf ich im Supermarkt Lebensmittel ein, in einem Tienda Süßigkeiten und bei einem Bäcker seh ich dann riesige Bocadillos. So eins hol ich mir. Und mit den ganzen Einkäufen geht es dann zurück ins Hotel. Auf dem Rückweg komme ich noch am Shop von Atletico Bilbao vorbei, der leider geschlossen hat. Mein Bruder meinte, ich solle ihm unbedingt Anstecknadeln von spanischen Fussballvereinen mitbringen, wenn ich schon mal da bin, da er ein Sammler dieser Teile ist. Na Mal schaun, ob ich noch was finde.

Guggenheim Museum

 

Ich bin froh, als ich wieder in meinem Hotel ankomme. Die Schmerzen werden wieder stärker. Ab der Hüfte abwärts tut mir alles weh. Ich laß mich wieder auf dem Bett nieder und esse gemütlich zu Abend.


Erschöpft schau ich noch etwas Fernsehen, schreibe Tagebuch und bin froh, dass ich mich morgen für einen Ruhetag in Bilbao entschieden habe. Da ich ja heute die kurze Etappe von morgen noch anhängen mußte, gönn ich mir die Erholung und verliere auch keinen Tag damit. Somit passt alles. Und ich glaube, meinem Körper wird das auch gut tun. Noch liegen knapp 700km vor mir. Leichte Zweifel ob das alles gut geht habe ich schon. Aber man wird sehen... Und dann falle ich in einen tiefen Schlaf.

 

 

 

Fazit: extrem lange Etappe, da die Herberge in Lezama geschlossen war. Extrem heftig durch die schlammigen Wege und die extremen An und Abstiege vor Bilbao.

Tipp: das Hotel Bypillow, super Zimmer, nettes Personal, würd ich wieder nehmen. Dann natürlich Puppy, Maman und das Museum














 














 



 

 

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